Herr Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Gladrow
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Nachruf Wolfgang Gladrow (Februar 2022)
Das Institut für Slawistik und Hungarologie trauert um Prof. Wolfgang Gladrow, langjähriger Professor für Ostslawische Sprachen an unserem Institut, der am 5. Februar 2022 im Alter von 78 Jahren verstarb.
Wolfgang Gladrow wurde 1943 in Greifswald geboren und legte 1961 im nahegelegenen Grimmen sein Abitur ab, um anschließend Slawistik (Russisch und Polnisch) und Germanistik an der Universität Greifswald zu studieren, wo seine akademischen Lehrer Ferdinand Liewehr und Kurt Gabka waren. Auf das Staatsexamen in Russisch und Deutsch für das Lehramt an Oberschulen im Jahre 1965 folgten postgraduale Studien, zunächst in Leningrad, dann an der Moskauer Staatlichen Lomonossow-Universität bei Nikolaj S. Pospelov und Vera A. Belošapkova. Im Jahre 1972 wurde er mit der Dissertationsschrift „Der Ausdruck der Determiniertheit/Indeterminiertheit des Substantivs im Russischen in Konfrontation mit dem Deutschen“ promoviert und habilitierte sich 1982 mit der Arbeit „Kompletivsätze und Relativsätze im Russischen. Eine Studie zur Struktur und Bedeutung zusammengesetzter Sätze“. Im Jahre 1981 wurde er zum Hochschuldozent an der Sektion Slawistik der Humboldt-Universität und 1990 dort zum ordentlichen Professor ernannt. Im Zuge eines erneuten Berufungsverfahrens, dem er sich, wie alle seit DDR-Zeiten an der Humboldt-Universität tätigen Professoren, unterziehen musste, wurde er im Jahre 1993 auf die C-4-Professur für Ostslawische Sprachen am Institut für Slawistik der Humboldt-Universität berufen. Wolfgang Gladrow nahm bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand aktiv an der akademischen Selbstverwaltung des Instituts und der Philosophischen Fakultät II (der heutigen Sprach- und literaturwissenschaftlichen Fakultät) teil, u. a. als Institutsdirektor, als Mitglied des Fakultätsrates und als Vorsitzender des Promotionsausschusses.
Bereits in seiner Dissertationsschrift von 1972 sind Wolfgang Gladrows Forschungsschwerpunkte angelegt, nämlich Syntax, deutsch-russischer Sprachvergleich und funktionale Grammatik. Zweifellos erhielt seine Beschäftigung mit der russischen Syntax frühe Impulse durch den Kontakt mit Pospelov und Belošapkova während seiner Studienaufenthalte in Moskau. Seine Syntaxkonzeption legte er später außer in seiner Habilitationsschrift u. a. auch in mehreren einschlägigen Handbuchartikeln dar, während der deutsch-russische Sprachvergleich im Mittelpunkt des 1989 von einem Autorenkollektiv unter seiner Leitung herausgegebenen Hochschullehrbuchs „Russisch im Spiegel des Deutschen. Eine Einführung in den russisch-deutschen und deutsch-russischen Sprachvergleich“ steht (2. Auflage 1998). In späteren Jahren kam als weiterer Schwerpunkt die Sprechakttheorie hinzu, der er die im Jahre 2018 mit Elizaveta G. Kotorova veröffentlichte Monographie „Sprachhandlungsmuster im Russischen und Deutschen: Eine kontrastive Darstellung“ widmete. Eine russische Version dieses Spätwerks ist angekündigt.
In Anerkennung seiner zeitlebens gepflegten engen Forschungskontakte mit der dortigen Russistik verlieh die Staatliche Lomonossow-Universität Wolfgang Gladrow im Jahre 2001 die Ehrendoktorwürde.
Das Institut für Slawistik und Hungarologie wird Wolfgang Gladrow in dankbarer Erinnerung behalten.